Ortsteil Gottscheina

Allgemeines: Gottscheina ist eine Gemarkung im Nordosten und eine ehemalige Gemeinde im Nordosten von Leipzig. Es wurde später zu Hohenheida, mit diesem 1992 nach Seehausen und 1997 nach Leipzig eingemeindet. Gottscheinas Dorfanlage ist verhältnismäßig klein und hat nur einen Zugang. Ihre Form eines Rundlings deutet wie Gottscheinas Name auf altsorbischen Ursprung.Der Ortsname "Gottscheina" kann aus dem altslawischen Wort "hoti" bzw. "choti" = Begehren, Wille, d.h. begehrenswerter Ort abgeleitet werden.

Geschichte: Um 700 oder im 8. Jh., in der slawischen Siedlungsperiode ist Gottscheina vermutlich gegründet worden. Das Datum ist aus der Lage im quellen- und wasserarmen nordsächsischen Flachland zu schließen. Um 800 wird an der Parthe "Leipzig" gegründet: "Lipzk" (lipa=Ort bei den Linden). Seit 768 herrscht im Fränkischen Reich König Karl (der Große). Seine Hauptresidenz ist Aachen. Nach dreißig Jahren Regierungszeit hat Karl mit Eroberungskriegen das Fränkische Reich um fast das Doppelte vergrößert. 800 wird er von Papst Leo III. im Petersdom zum Kaiser gekrönt. Zwischen dem Fränkischen Reich und dem Land der Sorben ist die Saale Grenzfluß, und der heutige Leipziger Raum ist sorbisches Gebiet. Um 900 setzt in dem Raum die deutsche Besiedlung ein. 1015 wird Leipzig als Siedlung "urbs libzi" zum erstenmal schriftlich erwähnt. 1165 wird dem Marktflecken Lipzk von Markgraf Otto dem Reichen das Stadtrecht verliehen. 1305 wird Timo de Gotschene zum erstenmal urkundlich erwähnt. 1327 verbietet man in Leipzig die wendische (sorbische) Sprache. 1438 werden die Dörfer Gottscheina, Hohenheida und Merkwitz von den Kurfürsten Friedrich von Sachsen und seinem Bruder Wilhelm der Leipziger Universität geschenkt und gelangen so unter deren Lehnsherrschaft. - In den Akten werden die drei Orte dann als "Alte Universitätsdörfer" bezeichnet. (Im Unterschied dazu sind die fünf neuen Universitätsdörfer: Holzhausen, Zuckelhausen, Kleinpösna, Wolfshain und Zweenfurt. Sie werden der Universität 1544 überlassen.) Gottscheina trägt jetzt den Namen "Goczschin". Um 1450 haben die Universitätsdörfer Hohenheida, Gottscheina und Merkwitz einen Pfarrer - den ersten angestellten Pfarrer der Universität. Die Bauern der Universitätsdörfer müssen seine Felder mit bestellen. 1529 wird das heutige Gottscheina Ketschin genannt. 1542 bestimmt Kurfürst Moritz von Sachsen die sogenannte Großpropstei (auch "Großpropsteigericht" genannt). Geführt wird die Großpropstei von dem Großpropst, einem nach besonderem Verfahren jährlich gewählten Juraprofessor. 1623 muß sich Gottscheina an der Einquartierung von 134 Soldaten mit Weibern und Kindern in Hohenheida beteiligen. Insgesamt haben die drei alten Universitätsdörfer 500 Groschen zu zahlen. Im selben Jahr muß jeder Nachbar 1 Reichstaler in einen Kriegsreservefonds zahlen, "damit man aufn Notfall mit Geld gefaßt". Akteneintrag 1628: Der Boden sei schlecht und liefere nur wenig Ertrag. Die Häuser seien alt und baufällig. Wenn es im Winter viel schneie und dann taue, werde von dem Wasser das Getreide samt Wurzeln aus der Erde gerissen. Es herrsche große Not. 1630 wird in Gottscheina geraubt und geplündert. 1633 wütet in Gottscheina die Pest. 1637 werden 5 Güter und drei Scheunen zerstört. Landsknechte stellen ihre Pferde in der Kirche unter, so "daß die underthanen erst haben ausmisten müssen". (Mit diesem Bericht wird die Pfarrkirche in der Geschichte zum erstenmal erwähnt). Weil die Bauern kein Getreide mehr haben, bitten sie die Universität um 50 Scheffel Korn, und es wird ihnen gewährt. 1644 Sächsische Reiter vom Collenbergischen Regiment haben "so hereingestreift und feindseliger als die Schweden mit den underthanen gehauset, Götzschin ausgeplündert, die Kirche abgebrannt und etliche Höfe dadurch mit vernichtet". Zum Schutz ziehen sich die Bauern häufig in die Städte, Eilenburg oder Leipzig, zurück, welche befestigt sind. Nachdem das Collenbergsche Regiment Hohenheida geplündert hat, versucht es dasselbe mit Gottscheina. Die Bauern wehren sich. Daraufhin zünden die Soldaten die Kirche an und vernichten einige Höfe. 1652 vermerken die Gemeindeakten, daß Götzschingen, weil Verwüstungen die Bauern in Armut getrieben haben, nicht in der Lage sei, Steuern zu zahlen. 1658 wird den Bauern befohlen, sich mit Gewehren zu bewaffnen, um gegen vagabundierende Söldner und Räuber vorzugehen. 1748/49 ist Johann Christoph Gottsched Großpropst der drei alten Universitätsdörfer. 1748 wird das heutige Gottscheina Gotzscheina und 1752 Göttscheuna genannt. 1763 wird aus freiwilligen Beiträgen die erste Orgel angeschafft. Orgelbauer: Flemming aus Torgau. 1815 sind die Bauern frei und unterliegen keiner Gutsherrschaft. 1828 werden Schule, Gemeindehaus und Hirtenhaus erwähnt sowie eine Windmühle mit Wohn- und Witschaftsgebäuden. Nach 1840 beginnt in Hohenheida die kommunale Selbstverwaltung. Was bis dahin auf den Jahrgerichten geklärt worden war, behandelt jetzt die neue Gemeindeverwaltung: Interne Gemeindeangelegenheiten zu Flur, Dorf, Kirche, Schule und Schenke, außerdem verwaltet sie die Gemeindegelder. - Für Gottscheina wird ein Grund- und Hypothekenbuch erstellt. Die Naturalbezüge der Professoren (Hühner, Wild, Holz u.a.) entfallen. 1853 erhält die Kirche eine neue Orgel. (Erbauer: Nicolaus Schrickel aus Eilenburg.) 1868 wird ein Schulhaus gebaut; 1871 ein Spritzenhaus erwähnt. 1881 erhält die Gaststätte einen Tanzsaal. 1887 gibt es im Dorf ein Armenhaus. 1892 stiftet der Maschinenfabrikant Karl Johann Gottfried Krause (1823-1902) den Kirchturm, und es entsteht die heutige schlanke zweigeschossige Form mit dem markanten Spitzdach. Am 15.Juli 1895 wird wegen anhaltender Dürre und Mangel an Viehfutter auf dem Bezirkstag der Notstand ausgerufen. Die Bedürftigen beziehen gegen Bezahlung große Mengen an Kraftfutter und Streumaterial. 1911 erhält das Dorf Elektroanschluß. Die Gemeinde baut ein Trafohaus und stellt es an der Straßengabelung Hohenheida/Merkwitz auf. 1935 wird der Schulbereich Gottscheina dem Berufsschulverband Hohenheida-Göbschelwitz eingegliedert. Am 20.Mai 1945 wird Gottscheina amerikanisch besetzt. Am 31.August 1945 hat Gottscheina Zusammen mit Merkwitz 26 Flüchtlinge im Ort. 1949 wird das Gehöft Nr. 7 in zwei Neubauernhöfe geteilt. Ein weiterer Neubauernhof wird außerhalb der Dorfeinfriedung gebaut. 1953 wird die LPG Typ III "Junge Garde" gegründet (Gemeinsam bewirtschaftet werden sowohl die Felder als auch das Vieh). Zunächst bleiben einige Bauern selbständig. - Am 1.Mai 1961 schließen sich die letzen 6 privaten Bauern wegen des politischen Druckes zur LPG Typ I zusammen. (Gemeinsam bewirtschaftet werden nur die Felder.) 1957 wird im Gehöft Nr. 7 ein Konsum eingerichtet. Gottscheina wird zu Hohenheida eingemeindet. Als letzter Neubau zu DDR-Zeit wird 1964 ein Doppelhaus gebaut. Der Kirchturm wird von den Gottscheinaer Bürgern - Christen wie Nichtchristen - mit Geldspenden und Eigenleistungen 1969 gerettet. Ab den 70ger Jahren wird Gottscheina für den Bergbau zur Vorbehaltsfläche erklärt. - Neu zu bauen wird verboten. 1. Januar 1992 Gottscheina/Hohenheida werden zu Seehausen eingemeindet. Im September 1994 legt das Referat Denkmalschutz des Landesamtes fest, Gottscheina als Denkmalschutzgebiet zu erhalten. Damit entfällt Gottscheinas Einstufung als Braunkohleabbaugebiet, und bei Erhaltung, Um- und Neubau steigt wieder die Zahl an Bauwilligen. Am 30.Oktober 1994 gründen engagierte Bürger in Gottscheina einen Bürgerverein. Ab Mai 1995 werden am südlichen Ortsausgang, auf ehemaligem LPG-Gelände, 13 Einfamilienhäuser gebaut. Am Ende des Jahres wohnen hier 40 Personen (im Altdorf 49 Personen). 1995 wird vom Referat Denkmalschutz des Landratsamtes Leipziger Land für Gottscheina ein "Denkmalpflegerischer Rahmenplan" erarbeitet. Sämtliche Gehöfte und öffentliche Gebäude werden unter Denkmalschutz gestellt. 1.Juli 1997: Mit Seehausen wird Gottscheina zu Leipzig eingemeindet. Etwa um diese Zeit wird das unter Denkmalschutz stehende Trafohäuschen abgerissen. In einem ehemaligen Pferdestall im Hof Nr. 1 wird von der Besitzerin in Privatinitiative ein Dorfmuseum eingerichtet. Im Jahr 2000 wird Gottscheina in das sächsische Dorfentwicklungsprogramm aufgenommen.

(Quelle http://www.gottscheina.sites-weben.de/history.php)

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